Von Sensoren überwacht: Bei schwer zugänglichen Antrieben wie diesem Windkraftgetriebe lohnt sich die vorausschauende Instandhaltung.
Die datenbasierte,vorausschauende Instandhaltung bringt neue Impulse für Maschinenbetreiber und -hersteller. Betriebskritische Komponenten brauchen erst dann getauscht werden, wenn ein Ausfall droht.
Werner Binsmaier, Vizepräsident Zentralentwicklung der Homag Group AG, hat bei der vorausschauenden Instandhaltung einen klaren Fokus: „Wir betrachten keine dauerfesten Komponenten, sondern Komponenten, die tatsächlich kaputtgehen.“ Auf dem VDMA-Kongress „Predictive Maintenance 4.0“ in Frankfurt verdeutlichte er kürzlich den Nutzen einer Instandhaltung auf der Basis intelligenter Datenanalysen.
Maschinenkomponenten wie hoch beanspruchte Zahnräder oder Wälzlager würden im Zeitverlauf schlechter und irgendwann ausfallen. Das Übelste, das passieren könne, sei ein überraschender Ausfall mit einem ungeplanten Maschinenstillstand und Folgeschäden. Dem versuche man vorzubeugen. In der Praxis werde dafür der Zustand der Maschine im Zuge der Instandhaltung bewertet.
Komponenten so lange zu benutzen, wie es vertretbar ist, schont Ressourcen. Je länger eine Komponente beansprucht wird, desto schwieriger wird allerdings die genaue Vorhersage eines Ausfalles. Laut Binsmaier ist es daher wirtschaftlich sinnvoll, höherwertige Komponenten möglichst lange zu nutzen und minderwertigere aus Vorsichtsgründen schneller auszutauschen. Letzteres entspricht vorbeugenden Konzepten, bei denen Maschinen öfter gewartet und Teile frühzeitig ausgetauscht werden.
Dagegen wird bei reaktiven Instandhaltungskonzepten erst bei einem Defekt reagiert. Die vorausschauende Instandhaltung versucht hier eine Kostenminimierung zu erzielen, indem Zustände wichtiger Bauteile von Sensoren überwacht werden.
Um die Theorie in der Praxis zu verifizieren, hat die Schaeffler AG eine Werkzeugmaschine zum Einsatz in der eigenen Fertigung modifiziert. „Wir haben die Maschine mit extrem viel Sensorik ausgerüstet – sowohl an allen rotativen als auch an allen linearen Elementen“, berichtete Stefan Spindler, der als Vorstandsmitglied für die Sparte Industrie zuständig ist. Dabei kam laut Spindler heraus, dass 33 % der technischen Störungen an Hauptspindeln und 30 % an Vorschubachsen auftraten.
Damit habe Schaeffler nun konkrete Ansatzpunkte für Predictive Maintenance. Kunden hätten beispielsweise ein fundamentales Interesse daran, Ausfälle von Hauptspindeln durch entsprechende Frühwarnsignale komplett zu vermeiden. Für diesen Mehrwert seien sie auch bereit, Geld auszugeben.
Solche Instandhaltungsmaßnahmen werden unterschiedlich umgesetzt. Es muss in jedem Fall die richtige Strategie für das Maschinenkonzept samt geeigneter Analytik gefunden werden, damit sich ein wirtschaftlicher Mehrwert ergibt. Spindler betont: „Ich muss mich wirklich mit dem gesamten Kundenprozess auseinandersetzen.“ Hersteller intelligenter Komponenten könnten z. B. dem Maschinenbauer nur dann bessere Produkte bieten, wenn sie auch die Wünsche der Maschinenkäufer und -nutzer verstanden hätten. Die Werttreiber seien ebenso bekannt wie die Faktoren, die über den Betrieb von Maschinen beeinflussbar sind. Dazu zählten Qualität und Prozessstabilität, die durch Predictive Maintenance zu verbessern seien.
In Zukunft sollen Maschinen lernen, selbstständig vor einer drohenden Produktionsunterbrechung zu warnen. Dafür will Matthias Dietel, Senior Technical Advisor der IBM Deutschland Research & Development GmbH, sorgen. „Wir beschäftigen uns mit den Infrastrukturen und technischen Möglichkeiten auf der IT-Seite“, beschreibt er seinen Tätigkeitsbereich. Für das Machine Learning setze IBM sein System Watson ein. Das gelte auch für die Instandhaltung.
Entlang der Stufenstruktur des Systems erfolge eine kognitive Annäherung. Auf der ersten Stufe würden die Daten zusammengetragen und die Systeme vernetzt. Die nächste Stufe beschreibt Dietel so: „Wir müssen die entsprechenden Daten analysieren, und daraus können wir Muster erkennen.“ Es folge eine weitere Analyse, um Erkenntnisse aus den gewonnenen Daten abzuleiten. Zudem würden Kombinationen mit anderen Daten durchgerechnet. In diesem Schritt werde z. B. probiert, weitere Informationen wie die Ermüdungskurve einzelner Werkstoffe zu generieren. Zuletzt finde ein kognitives Zusammenfassen aller Erkenntnisse statt. Ein solches Machine Learning erfolge ein Stück weit autonom. Hier sei der Übergang zur maschinengesteuerten Predictive Maintenance nicht mehr weit.